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Zwischen Preiskampf und Shitstorm: Wie Sie mit der Mehrwertsteuersenkung umgehen

Von der Mehrwertsteuersenkung können alle Unternehmen profitieren. Wie Sie in dieser Situation einen kühlen Kopf bewahren und Fehler vermeiden, erfahren Sie in diesem Blogartikel.

Umsatzsteuer Symbolbild Muenzen Roll und Pastuch

Eine der wohl am umstrittensten diskutierten Maßnahmen der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Bewältigung der Corona Krise ist die Senkung der Mehrwertsteuer. Immerhin kostet sie den Staat in nur einem halben Jahr voraussichtlich 20 Milliarden Euro (Ganswindt 2020). Auch der administrative Aufwand für Unternehmen bei der zweimaligen Umstellung (Senkung und erneute Erhöhung) und die ungezielte Subventionierung nach dem „Prinzip Gießkanne“ gehören zu den Kritikpunkten der Gegner (Bergmann 2020).

Aber im Gegensatz zur Kaufprämie für Neuwagen können alle Unternehmen direkt von der Mehrwertsteuersenkung profitieren, der reguläre Satz sinkt von 19 Prozent auf 16 Prozent und der reduzierte von sieben Prozent auf fünf Prozent (Bundesregierung 2020).

Die Mehrwertsteuersenkung und ihre Reaktionen

Bereits kurz nach dem Beschluss der Senkung zeichneten sich unterschiedliche Reaktionen seitens der Unternehmen ab: Während Starbucks die Mehrwertsteuersenkung nicht an die Kunden weitergibt und dafür bereits als „schäbig“ bezeichnet wurde, gewährt Aldi Süd trotz hauchdünner Margen auf Produkte mit reduzierten Mehrwertsteuersatz sogar einen zusätzlichen Prozentpunkt Rabatt (ALDI SÜD, Greil 2020). Nicht zuletzt senkte sogar der Pricing-Musterschüler Apple seine Preise (Otterstein 2020).

Was heißt das für mein Preismanagement?

Entscheider in Unternehmen stehen nun vor folgenden Fragen:

  • Sollen wir die Mehrwertsteuersenkung an die Kunden „weitergeben“ oder die zusätzliche Marge „mitnehmen“?
  • Wie kommunizieren wir eine Preissenkung?
  • Was machen wir mit der zusätzlichen Marge?

In diesem Blogartikel möchten wir kurz auf diese zentralen Fragestellungen eingehen.

Sollen wir die Mehrwertsteuersenkung an die Kunden „weitergeben“ oder die zusätzliche Marge „mitnehmen“?

Grundsätzlich entscheidend ist hier die Preissensibilität Ihrer Kunden und das Verhalten Ihrer Wettbewerber. Befinden Sie sich in einem wettbewerbsintensiven Umfeld mit preissensiblen Kunden wie beispielsweise dem Lebensmitteleinzelhandel? In diesem Fall sollten Sie Kostenersparnisse wie eine Mehrwertsteuersenkung in Ihrem Kernsortiment auf jeden Fall an Ihre Kunden weitergeben.

Zusätzliche Marge können Sie jedoch über andere Sortimentsteile, wie zum Beispiel Aktionsartikel, gewinnen. Die Preissensibilität Ihrer Kunden bei fällt bei diesen Artikeln deutlich geringer aus. Ein drei prozentiger Rabatt würde höchstwahrscheinlich zu keiner signifikanten Steigerung ihrer Absatzmenge führen.

Befinden Sie sich jedoch in einem weniger wettbewerbsintensiven Umfeld und verkaufen an weniger preissensible Kunden, sollte Sie die Mehrwertsteuersenkung nicht zum Anlass nehmen, von Ihren Preisen abzuweichen. Befinden sich Ihre Produkte beispielsweise im Luxussegment oder weisen eine Reihe an Alleinstellungsmerkmalen auf, sind dies klare Indikatoren dafür, dass eine Preissenkung kontraproduktiv wäre. (Stellen Sie sich nur einmal vor, Rolex würde Ihnen jetzt einen Rabatt in Höhe von drei Prozent anbieten!).

Von dieser grundlegenden Logik können Sie allerdings in folgenden Situationen bewusst abweichen:

  • Sie haben sowieso Rabatt oder Promotion Aktionen geplant: Legen Sie eine Schippe drauf und erhöhen Sie den Rabatt zusätzlich entsprechend der Mehrwertsteuersenkung
  • Ihre Wettbewerber verzichten auf die Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung: Sollten Sie nicht der Preisführer in Ihrem Markt sein, klingt eine initiative Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung zunächst verlockend, um sich vom Wettbewerb abzusetzen. Hier ist allerdings Vorsicht geboten: Ein Preiskampf kann gerade in Krisenzeiten schmerzhaft sein.
  • Nutzen Sie die Chance zum Upselling: Dies eignet sich vor allem für Abo-Modelle oder Langzeitverträge. Durch die Reduzierung von monatlichen Beiträgen, wie beispielsweise Strom- oder DSL-Verträgen, signalisieren Sie Ihren Kunden Preis-Fairness. Die Nachricht über die Preissenkung können Sie allerdings gleichzeitig nutzen, um den Kunden auf weitere Services oder eine Erweiterung des Leistungsumfanges aufmerksam zu machen.

Wie kommunizieren wir eine Preissenkung?

Sollten Sie sich also für eine Preissenkung entscheiden, müssen Ihre Kunden dies auch wahrnehmen. Eine Preissenkung von drei bzw. zwei Prozent wird für nahezu keinen Kunden spürbar sein, daher gilt: Wenn Sie die Preise senken, sagen Sie es Ihren Kunden auch (Fechner 1860/1912).

Neben der Nutzung der üblichen Kommunikationskanäle wie Plakat- oder Social Media Werbung, kann auch schon die zeitweise Ausweisung „krummer“ Preise (beispielsweise 4,86 Euro statt 4,99 Euro) ein Weg der Kommunikation sein.

Umsatzsteuer Mehrwertsteuer Symboldbild Kassenzettel Roll und Pastuch

Was machen wir mit der zusätzlichen Marge?

Selbstverständlich können Sie den zusätzlichen Profit durch die Mehrwertsteuersenkung in das operative Geschäft reinvestieren oder ganz einfach dem Erreichen der Jahresziele einen Schritt näherkommen. Die notwendige Liquidität vorausgesetzt, möchten wir hier aber drei weitere Möglichkeiten aufzeigen:

1. Teilen Sie den Gewinn mit Ihren Mitarbeitern: Vor allem in systemrelevanten Berufen haben sich Ihre Mitarbeiter unter Umständen überdurchschnittlichen Risiken ausgesetzt. Die Mehrwertsteuersenkung kann nun der richtige Anlass sein, diesen Einsatz mit einer Bonuszahlung oder einem Einkaufsgutschein zu belohnen.

2. Spenden Sie den Gewinn: Auch wenn der Höhepunkt der Krise in Deutschland überstanden scheint, zeigen sich die Auswirkungen weltweit vor allem in ärmeren Regionen gnadenlos. Mit einer (teilweisen) Spende des zusätzlichen Ertrags helfen Sie diese Auswirkungen abzumildern. Wichtig ist hier abermals, dass Sie Ihren Kunden deutlich kommunizieren, dass die Kostenersparnis nicht in die Tasche des Unternehmens wandert, sondern für einen guten Zweck verwendet wird. Dies dürfte zusätzlich Ihr Image beim Kunden verbessern und ein weiteres Differenzierungsmerkmal zum Wettbewerb sein.

3. Lassen Sie Ihre Kunden entscheiden: Diese Option eignet sich vor allem für digitale Geschäftsmodelle. Geben Sie Ihren Kunden beim Check-Out ganz einfach die Option, einen zusätzlichen Rabatt oder eine Sachleistung (bspw. ein zusätzlicher Abo-Monat oder ein kostenloses Hörbuch) zu erhalten oder den Ertrag zu spenden.

Bleiben Sie auf dem Kurs Ihrer Preisstrategie

Wofür auch immer Sie sich entscheiden: Behalten Sie einen kühlen Kopf und weichen Sie nicht aufgrund der Mehrwertsteuersenkung von Ihrer grundlegenden Preisstrategie ab. Je klarer diese formuliert und operationalisiert ist, desto leichter fällt es Ihnen auch in Krisenzeiten auf außergewöhnliche Situationen wie die Mehrwertsteuersenkung bewusst und zielorientiert zu reagieren.

Was Sie sonst noch in den Bereichen Vertrieb und Pricing tun können, um erfolgreich aus der Krise zu kommen lesen Sie in Gregor Buchwalds Beitrag in der WirtschaftsWoche.


Quellen

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