Die systematische Gestaltung von Preisen bietet auch für Kulturbetriebe große Potenziale, die bisher noch weitgehend unausgeschöpft sind. Wir stellen Ihnen einen Überblick über verschiedene wertbasierte Pricing-Methoden vor, die Ihnen helfen, diesen Ertragshebel zu nutzen.
Öffentliche Kulturinstitutionen in Deutschland, wie zum Beispiel Theater oder Museen, decken einen hohen Teil ihrer Kosten durch die umfangreiche Förderung durch die öffentliche Hand. Allerdings ist auch das keine Selbstverständlichkeit mehr: Sinkende Besucherzahlen sowie steigende Personal- und Energiekosten erhöhen den finanziellen Druck der Betriebe sowie auch deren Legitimationsdruck gegenüber der Politik. Oftmals werden Forderungen nach Preiserhöhungen laut sowie danach, sich auch selbst weitgehend finanziell tragen zu können. Doch die meisten Kulturbetriebe stehen dem Thema Preismanagement eher vorsichtig gegenüber – zu groß ist die Sorge, Besucher durch eine Anpassung der Preise abzuschrecken. In der Forschung konnte jedoch gezeigt werden, dass die Preiselastizität für den Kulturbereich weitgehend unelastisch ist – das heißt, dass die Nachfrage in der Regel von Preisanpassungen nicht beeinflusst wird. Hier besteht daher großes Potenzial, sich diese Erkenntnisse zu Nutzen zu machen, um versteckte Potenziale auszuschöpfen.
Value-based Pricing – ein Hebel zur differenzierten Ertragssteigerung
In der aktuellen Kulturlandschaft in Deutschland gibt es verschiedene Ansätze und Modelle für das Pricing, die sich je nach Art der Veranstaltung oder Einrichtung unterscheiden. Übliche Modelle sind etwa gestaffelte Eintrittspreise, Abonnements für Jahreskunden, Kombitickets für verschiedene Veranstaltungen und Einrichtungen sowie auch Pay-As-You-Go-Modelle. Diese Pricing-Ansätze lassen allerdings die individuelle Zahlungsbereitschaft der Kunden und deren Wertverständnis weitgehend außer Acht.
Im Fokus eines optimierten und wertbasierten (auch: value-based) Pricings sollte immer der Kunde und damit dessen Zahlungsbereitschaft stehen. Eine Voraussetzung hierfür ist dementsprechend unter anderem, seine Kunden und deren Kaufverhalten zu kennen. Der Aufbau einer Datenbank basierend auf den anonymisierten Verkaufsdaten ist daher sehr nützlich, um eine solide Datenbasis für zukünftige Preisentscheidungen zu haben – im Idealfall noch angereichert mit Daten zur generellen Kundenstruktur und Details zur Art der Veranstaltung oder Ausstellung. Ticket- oder Eintrittspreise können hierdurch basierend auf dieser Datengrundlage und nach dem Wertempfinden der Kunden entsprechend differenziert werden.
Ein wertbasierter Pricing-Ansatz bildet somit die Zahlungsbereitschaft der Kunden ab, indem sie auf einzelne Kriterien, sogenannte Werttreiber, heruntergebrochen wird. Diese Werttreiber können zum Beispiel, die Reputation des Ausstellungshauses, die Art der konkreten Ausstellung oder auch generelle Aspekte, wie die Öffnungszeiten sein. All diese Kriterien haben für Kunden einen bestimmten Wert, wofür sie bereit sind, einen Aufschlag zu bezahlen.
Value-based Pricing bezieht verschiedene Werttreiber aus Kundensicht mit ein, um einen wertbasierten Preispunkt zu ermitteln
Zusätzliche wertvolle Informationen können hier auch Marktstudien bieten, die zum einen die bisher unerreichte Gruppe an potenziellen Kunden miteinbezieht und zum anderen noch detaillierter abfragen kann, welche Kriterien den Kunden beim Kauf eines Tickets am wichtigsten sind und wie sich ihr Preisempfinden gestaltet.
Value-based Pricing stellt daher eine effektive und leicht umsetzbare Methode dar, die Preisgestaltung zu differenzieren und optimieren. Sie kann zudem auch zusammen mit komplexeren Pricing-Methoden, wie dem Dynamic Pricing, kombiniert werden und kann hierbei als Grundlage genutzt werden, um zum Beispiel entsprechende Preiskorridore zu definieren, in denen man sich in der dynamischen Preisgestaltung bewegen möchte.
Dynamic Pricing – Variable Preisgestaltung am Beispiel des The Children’s Museum of Indianapolis und des Indianapolis Zoo
Um weitere Parameter in die Differenzierung mit einzubeziehen, die die Zahlungsbereitschaft und das Wertverständnis der Kunden beeinflussen, kann ein dynamisches Pricing-System eingeführt werden. Dynamic Pricing setzt die Preise entsprechend der Nachfrage an, welche durch verschiedene Parameter beeinflusst wird – auch durch externe Faktoren, wie z. B. das Wetter, Schulferien oder Wochentage.
Im anglo-amerikanischen Raum sind Kulturbetriebe weitaus mehr von Eigeneinnahmen abhängig, da dort die staatliche Förderung deutlich geringer ausfällt. Dies führt dazu, dass sich diese Betriebe stärker mit Pricing-Ansätzen auseinandersetzen (müssen).
Das The Children’s Museum of Indianapolis hat sich 2017 für eine etwas abgeschwächte Form des Dynamic Pricing entschieden, die eine Art Frühbucherrabatt mit einbezieht. Wenn die Besucher bereit sind, im Voraus zu kaufen, wissen sie, dass sie Geld sparen können. Bei ihrer Preisgestaltung berücksichtigt das Museum die voraussichtliche Nachfrage unter Verwendung aller verfügbaren Daten – Schulkalender, Ausstellungspläne des Museums, Ferienzeiten, Marketingausgaben des Museums, historische Besucherdaten und weitere. Reduzierte Eintrittspreise für bestimmte Personengruppen, und damit eine kulturelle Teilhabe, sind hier aber trotzdem noch möglich. Durch die Differenzierung der Eintrittspreise lassen sich somit eine größere Personengruppe erreichen sowie der Ertrag über die gesamten Verkäufe steigern.
Buchungsplattform des The Children’s Museum of Indianapolis – differenzierte Eintrittspreise je nach Tag
Für den Indianapolis Zoo stand bei der Einführung von Dynamic Pricing die Verbesserung der Kundenzufriedenheit durch die Lenkung von Besucherströmen im Vordergrund. Wie auch das The Children’s Museum of Indianapolis bezieht der Zoo externe Faktoren wie das Wetter und den Wochentag mit ein. Auch dieser Betrieb gewährt eine Art Frühbucherrabatt, wodurch die interne Planung, wie z. B. der Personalressourcen deutlich vereinfacht wird.
Jeder Kulturbetrieb muss sein eigenes Preismodell finden, das sich in Komplexität und Ausgestaltung zu anderen Betrieben unterscheiden kann
Für die Einführung eines passenden Preissystems ist jedoch immer der individuelle Kulturbetrieb zu betrachten. Je nach Kulturbetrieb kann das ausgewählte System sich in seiner Komplexität und Ausgestaltung von dem anderer Kulturbetriebe unterscheiden. Zudem ist immer zu beachten, dass die Kulturpolitik nicht primär monetären Zielen verschrieben ist und der kulturelle Auftrag bewahrt werden muss. Ein strukturiertes Pricing kann dies aber mit einbeziehen, da durch die Differenzierung der Preise keine Personengruppe von der Kultur ausgeschlossen wird, sondern Preise entsprechend den Zahlungsbereitschaften gesetzt werden können und somit Teilhabe geschaffen werden kann. Ein strukturiertes und für den Kunden nachvollziehbares Pricing fördert dementsprechend nicht nur die Akzeptanz bei den Kunden, sondern ermöglicht dem Kulturbetrieb eine höhere Stabilität und finanzielle Flexibilität.
Quellen:
- Bauer, Florian. (2016). Preise im Kultursektor: Um die richtigen Preise festzulegen, braucht es mehr als Bauchgefühl.
- Merritt, Elizabeth. (2020). Museum Pricing for Affordability and Profit.
- Schößler, Tom. (2015). Wie viel darf Kultur kosten? Die Preisfrage.
- Schößler, Tom. (2020). Ein neues Preismodell für Museen im Praxistest: Pay As You Stay – Zahl, solange Du bleibst.
- The Children’s Museum of Indianapolis. (2023). Buy or Reserve Tickets.