Preiserhöhung durchsetzen – Gute Gründe, die Anpassung zu prüfen
Aus Verbrauchersicht steigen die Preise mit jedem Jahr weiter an. Produkte werden in großem Umfang teurer. Tatsächlich ist es so, dass die Preisanpassungen vieler Lieferanten – unter anderem im Bereich Commodities, Rohstoffe, Energie aber zum Beispiel auch bei Elektronikkomponenten – viele Hersteller unter substanziellen Kostendruck setzen. Die Mitteilung der Mitbewerber, ihre Produkte teurer anzubieten und höhere Preise zu verlangen, kann als willkommene Einladung verstanden werden, die eigenen Preise ebenfalls zu erhöhen. Was sich über die Zeit geändert hat? Einige zentrale Aspekte kristallisieren sich heraus:
- Lange Zeit gab es in vielen Branchen eine Art Preisgarantie und allenfalls eine moderate jährliche Preiserhöhung. Inzwischen verhält es sich mit Preisanpassungen deutlich flexibler und die Fragestellung ist eine andere: Wie oft sollten Sie Preise neu berechnen und eine Preiserhöhung durchführen?
- Um Margenverlust zu kompensieren gelten jetzt neue Regeln. Es gilt auch den richtigen Zeitpunkt zu finden und Kostenerhöhungen zeitnah als Preisanpassung weiterzugeben, um die eigene Überlebensfähigkeit zu sichern
- Statt eine starke Abweichung zwischen einer geplanten und einer realisierten Preiserhöhung hinzunehmen, stellen Sie als erfolgreicher Unternehmer die Weichen so, dass die vorher angekündigte Preiserhöhung auch erfolgreich durchgesetzt wird.
- Preise erhöhen ist eine zentrale Führungsaufgabe. Statt in Kauf zu nehmen, Geld zu verlieren, bereiten Unternehmen eine stichhaltige Kommunikation und Ankündigung der Preisanpassung vor.
Herausforderungen einer erfolgreichen Preiserhöhung
Vielen Unternehmenslenkern ist bewusst, dass ihr Unternehmen nicht optimal vorbereitet ist, um Preiserhöhungen bestmöglich zu planen, differenziert zu kalkulieren und erfolgreich im Markt umzusetzen. Diese Kompetenzlücke stellt viele Unternehmer vor existenzielle Herausforderungen.
So existiert in Unternehmen oftmals kein solider Preisanpassungsprozess mit klaren Verantwortlichkeiten. Im Ernstfall, insbesondere bei kurzfristig erforderlichen Preisanpassungen, führt dies zu einem überhasteten Vorgehen, welches die eigene Organisation überrascht und überfordert. Es fehlen Informationen und wichtige Grundlagen wie Markt- und Kostenanalysen, um den Erfolg der Preiserhöhung sicherzustellen. Bei der Kalkulation von Preisanpassungen haben Unternehmen es sich historisch oft zu einfach gemacht.
Beispielsweise haben sie Preise pauschal über das gesamte Portfolio erhöht. Dieses Vorgehen gerät im Zuge von drastischen Kostenschwankungen an seine Grenzen. Darüber hinaus wurde häufig nicht beachtet, in welcher Form Kunden Preise wahrnehmen und wie sie sich über diese informieren. Dies kann zu einer ungewollten Überschreitung der Zahlungsbereitschaft führen, so dass Kunden Services und Abos kündigen und nicht bereit sind, die gestiegenen Preise für die Produkte zu zahlen.
Zuletzt mangelt es oft an einer systematischen Vorbereitung des Vertriebes auf die eigentlichen Verhandlungen. Das Team erhält nur selten zentrale Argumentationsrichtlinien oder aufbereitete Daten, um die Verhandlungsgespräche kundenspezifisch vorzubereiten.
Preise erhöhen: Beseitigen Sie die wichtigsten Hindernisse mit unserer Hilfe
- Überhastetes Vorgehen aufgrund eines fehlenden systematischen Prozesses für die Preiserhöhung
- Zielvorgaben nur auf Brutto(listenpreis)ebene – keine Definition von Nettozielen (auf Detailebene)
- Keine systematische Differenzierung der Preiserhöhung nach Produktsegmenten
- Suboptimale Vorbereitung des Vertriebes: fehlende Wertargumentation, keine detaillierte Verhandlungsplanung, keine kundenspezifischen Ziele
- Unzureichende Rückendeckung durch das Management
- Umsatzbasierte Incentive-Systeme
- Mangelnde Transparenz / Nachverfolgung auf Nettoebene
Fallbeispiel: Preisanpassung
Wie wichtig es ist, regelmäßig die Preise anzupassen, zeigt ein vereinfachtes Beispiel: Gelingt es einem Unternehmen mit einer Umsatzrendite von zehn Prozent, eine zweiprozentige Preissteigerung ohne Mengenverluste im Markt durchzusetzen, erhöht sich dadurch das EBIT um 20 Prozent. Wie grafisch dargestellt, schlägt sich eine Preiserhöhung direkt im Ertrag nieder. Dieser Hebel ist umso größer, je geringer die Umsatzrendite eines Unternehmens ist. Häufig geht es auch nicht nur darum, die Profitabilität zu erhöhen, sondern hauptsächlich um die Weitergabe massiver Kostensteigerungen.
Wenn Unternehmen in anderen Bereichen Aktivitäten mit vergleichbaren Auswirkungen initiieren, so werden mit viel (formellem) Aufwand Großprojekte mit mehreren Quality-Gates gestartet und detaillierte (Daten-/Markt-)Analysen durchgeführt. Leider wird die Preiserhöhung selten so dezidiert angegangen.
Die erfolgreiche Preiserhöhung in kompetitiven Branchen ist nicht trivial. Preise sind ein hochsensibles Thema und die Kunden suchen stets nach Schlupflöchern, um die Anpassung nicht zu zahlen. Ein Schema für die nächste Preiserhöhung existiert nicht. Die nachfolgenden Tipps werden Ihnen aber dabei helfen, sicherer und erfolgreicher zu agieren.
Preisanpassungen vorher planen
Preiserhöhungen werden oft aufgrund von akutem Kostendruck sehr überhastet eingeleitet. Das führt meist zu Entscheidungen auf suboptimaler Informationsbasis und gibt der Vertriebsorganisation keine Chance, Gründe für Preisänderungen aufzubereiten. In der Regel endet das übereilte Vorgehen letztlich in einer Durchsetzung weit unter dem vom Management erwarteten Niveau.
Vordefinierte Auslöser von Preisanpassungen – beispielsweise Wettbewerbsaktionen oder Kostensteigerungen – sollten im Vorfeld verbindlich definiert werden, um Stakeholder wie den Einkauf systematisch in den Prozess einzubinden. Vermeiden Sie repetitive Anpassungen, weil unterschiedliche Stellen Kostensteigerungen nachmelden die zu weiteren Preiserhöhungen zwingen.
Legen Sie schon vorher einen systematischen Prozess mit klaren Verantwortlichkeiten bezüglich der Definition von Zielen, Wettbewerbs- und Marktanalysen fest. Die Vorbereitung des Vertriebes und die Abstimmung von kundenindividuellen Zielen müssen vorab geplant und organisiert sein. Sollten Verträge eine Klausel enthalten, dass Sie Preise zwar grundsätzlich erhöhen dürfen, aber nur mit langer Vorlaufzeit, so kündigen Sie diese Verträge rechtzeitig.
Das Ziel für die Preiserhöhung gekonnt setzen
Die Fixierung des Preisanpassungsziels ist eine große Herausforderung – über die Höhe der neuen Preise herrscht in der Regel Unsicherheit. Dem enormen Ertragspotenzial steht die Sorge Absatz und unter dem Strich auch Umsatz zu verlieren gegenüber. Das gilt insbesondere bei umsatzbasierten Incentive-Systemen im Unternehmen.
Genährt wird diese Angst nicht zuletzt durch ein Phänomen namens „Availability Bias“. So schätzen Menschen Risiken deutlich wahrscheinlicher ein, wenn sie oft von diesen hören, lesen oder sprechen. Kommt es zu Preisanpassungen, so ist der eigene Kundenstamm und deren Feedback der stärkste Ankerpunkt für den Vertrieb. Einsicht in die Angebote der Kollegen oder sogar von Wettbewerbern haben Vertriebler selten. Aufgrund dieses Informationsdefizits werden die Risiken einer Preiserhöhung häufig überschätzt. Die Folge sind ein zu moderater Einstieg in die Preisanpassung und schlussendlich verfehlte Ertragsziele.
Führen Sie im Vorlauf der Preisanpassung alle relevanten Informationen zusammen. Involvieren Sie alle relevanten Marktexperten des Unternehmens
und nutzen Sie Analysen des Markt- und Wettbewerbsumfelds, um die Unsicherheit zu überwinden.
Es hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, den Einkauf vollständig einzubinden, um einen möglichst soliden Forecast für die Kosten zu bekommen. Dies bedeutet auch, Preissenkungen im Markt zu antizipieren und darauf reagieren zu können.
Vergleichen Sie die Entwicklung Ihrer Nettopreise mit relevanten Preis- und Kostenindizes. Wichtig ist an dieser Stelle, dass Sie insbesondere die Nettodurchsetzung betrachten und nicht nur die reine Listenpreisanpassung der letzten Jahre. Viele Unternehmen haben zwar ihre Bruttolistenpreise erhöht, aber kaum das Nettoniveau anpassen können.
Planen Sie eine Preisanpassung über den Marktstandard hinaus oder eine Repositionierung von wichtigen Produktsegmenten, empfiehlt sich eine Schätzung der Absatzeffekte durch Vertriebsexperten. So haben Sie eine deutlich höhere Transparenz bezüglich möglicher Umsatz- und Profiteffekte und damit eine gute Basis für das weitere Vorgehen.
Preiserhöhung richtig kalkulieren
Es erscheint einfach, das gesamte Portfolio im Rahmen einer Preisanpassung pauschal zu erhöhen. Dieses pragmatische Vorgehen birgt jedoch das signifikante Risiko, die komplette Preisstruktur künstlich zu verreißen.
So preisen Sie gegebenenfalls Produkte, die keinem oder nur einem niedrigen Kostendruck unterliegen, durch die einheitliche Erhöhung potenziell aus dem Markt und gefährden somit die entsprechenden Absätze. Auf der anderen Seite werden starke Kostenerhöhungen in besonders betroffenen Produktbereichen nicht kompensiert. Somit ergeben sich keine ausreichenden Margen und die Kunden freuen sich über ein Angebot weit unterhalb des Marktstandards.
Als Unternehmer sollten Sie – je nach Komplexität des Produktportfolios und Geschäftes – Segmente bilden, um Produkte bei einer Preisanpassung marktbasiert anzusteuern. Seien Sie besonders sorgfältig bei Produkten, die sich leicht sourcen lassen, beziehungsweise hohe Absätze haben und weit verbreitet sind. Mehr preisliche Flexibilität ist oft bei Randsortimenten und Sonderprodukten gegeben.
Wenn möglich differenzieren Sie Preisanpassungen über Branchen und Regionen. Hierfür ist eine gute Vorarbeit, insbesondere die Analyse von Branchen- und Regionalentwicklungen, notwendig, um eine optimale Entscheidung zu treffen.
Den Vertrieb in die Preiserhöhung einbinden
Oft haben Kunden aus der Historie heraus sehr unterschiedliche Preispositionen und Voraussetzungen. Nicht immer ist daher eine volle Umsetzung möglich. Nutzen Sie deshalb die Expertise des Vertriebes, um kundenspezifische Preiserhöhungen zu planen. Setzen Sie Tools ein, um mögliche Preisanpassungen in den Regionen zu differenzieren und lassen Sie hier den Input des Vertriebes aktiv einfließen, denn er kennt die Kunden am besten. Das erhöht nicht nur die Qualität der Planung, sondern auch das Commitment des Vertriebes.
Damit die Preisanpassung im Vertrieb nicht individuell ausgelegt wird, ist es essenziell, klare Regeln und Vorgaben zu erarbeiten. So muss der Vertrieb keine zeitraubenden Rückfragen einleiten und ist über seine Entscheidungskompetenz informiert.
Preiserhöhung datenbasiert durchsetzen
Nutzen sie Daten, um dem Vertrieb Account-Profile zur Verfügung zu stellen. Geben Sie aktiv wertvolle Informationen weiter, um die Verhandlungen zu unterstützen. So ist es essenziell im Vorfeld einer Verhandlung zu wissen, ob der Kunde in den letzten Jahren gewachsen oder geschrumpft ist. Auch sollte geprüft werden, ob historische Rabattvergaben in Mehrumsätze transformiert werden konnten.
Mit Hilfe solch einer soliden Informationsbasis kann der Außendienst seine wichtigen Kunden analysieren und sich konkrete Ziele für die Preisverhandlung im Hinblick auf Einstiegsangebot, Verhandlungsziel und Minimalziel setzen.
Über Preisänderungen intern informieren
Kommunizieren Sie auch intern unmissverständlich und eindeutig die Notwendigkeit der Preisanpassung und machen Sie klar, dass das Management hinter dem Vertrieb steht. Häufig ist unklar, in welchen Fällen auf bestimmte Kunden oder Umsatz verzichtet werden kann. Machen Sie dem Vertrieb daher deutlich, ob der Fokus auf Wachstum oder Profitabilität liegt und in welchen Segmenten (unprofitabler) Umsatz gegebenenfalls aufgegeben werden kann. Ziel ist es hierbei nicht, Marktanteil und EBIT auf die Nachkommastelle vorherzusagen, sondern ein klares und verlässliches Signal an die Mannschaft zu senden. Stehen Sie auch bei Eskalationen seitens der Kunden hinter dem Vertrieb und stärken Sie ihm hier den Rücken. Nichts ist langfristig gefährlicher, als dem Kunden bewusst zu machen, dass er nur höher in der Hierarchie anfragen muss, um einen besseren Preis zu erhalten.
Verhandlungen und Argumentationen intern vorbereiten
Preisverhandlungen sind für viele Vertriebsmitarbeiter unangenehm. Grade deshalb erfordern sie eine dezidierte Vorbereitung – strauchelt der Vertrieb beim Kundenkontakt, ist die Umsetzung einer Preisanpassung schnell in Gefahr.
Klären Sie daher im Vorfeld typische Rückfragen von Kunden und geben Sie dem Vertrieb nutzbare Argumentationsketten und Tools an die Hand. Mit zentral vorbereiteten Unterlagen und Instrumenten zur Wertargumentation nehmen Sie den Fokus vom reinen Kosten-Narrativ. Es hat sich oft als sehr wertvoll erwiesen, dem Kunden nachvollziehbar darzustellen, welche Anstrengungen gemacht wurden, um den Preisanstieg zu begrenzen. Zudem sollte dem Kunden kommuniziert werden, sofern es passende Ansatzpunkte gibt, inwiefern Ihre Lösung ihm mittelfristig hilft, seine eigenen Kosten in der Summe zu senken, beispielsweise durch Energieeinsparungen für einen schnelleren ROI.