PricingStrategie

Dynamic Pricing: Kundenakzeptanz steigern und Erfolgschancen maximieren

50 Prozent der Handels-Pricing-Experten in Deutschland betrachten dynamisches Pricing als sinnvolle Strategie, um ihre Gewinne zu steigern und wettbewerbsfähig zu bleiben1. Ebenfalls erachteten über 80 Prozent die Kundenakzeptanz als wichtigen Faktor bei der Einführung der dynamischen Preisgestaltung2. Dynamisches Pricing gewinnt also zunehmend an Bedeutung, wobei gerade die Kundenakzeptanz einen wichtigen Baustein für den Erfolg des Pricing-Ansatzes darstellt.

Dynamic Pricing in der Praxis: Voraussetzungen

Das Ziel des Dynamic Pricings ist es, durch dynamische Preisanpassungen die individuelle Zahlungsbereitschaft der Kunden optimal abzuschöpfen und dadurch die Profitabilität und Umsatzsteigerung zu fördern. Dabei sind verschiedene Formen zu unterscheiden: Beim zeitbasierten Dynamic Pricing werden Preise im Zeitverlauf für alle Kunden angepasst, ohne zwischen ihnen zu differenzieren. Beim personenbasierten Dynamic Pricing erfolgt hingegen eine individuelle Preisdifferenzierung für Kunden, bei der spezifische Merkmale berücksichtigt werden, um unterschiedliche Preise für ein und dasselbe Produkt anzubieten.

Amazon Beispiele für zeitbasiertes Dynamic Pricing3,4

Für erfolgreiches Dynamic Pricing müssen grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Es sollte ausreichend differente Zahlungsbereitschaften der Kunden geben. Diese sollten sich im Laufe der Zeit hinreichend verändern oder zwischen verschiedenen Kunden genügend variieren, um den Einsatz von dynamischen Preisanpassungen zu rechtfertigen.
  2. Zusätzlich ist die Realisierbarkeit von dynamischen Preisanpassungen essenziell. Dazu gehören insbesondere die Verfügbarkeit interner und externer Daten sowie deren Qualität. Nur Anbieter mit umfangreichen und validen Daten können diese für Preisalgorithmen verwenden, um die unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften optimal abzubilden.
  3. Die Umsetzbarkeit dynamischer Preisanpassungen hängt auch von der Fähigkeit ab, Preise in kurzen Intervallen oder für individuelle Kunden anzupassen. In klassischen Online-Shops ist dies technisch problemlos möglich und wird daher bei Amazon, Zalando & Co. bereits umfassend eingesetzt. Während sich Dynamic Pricing im stationären Einzelhandel aufgrund fehlender Unterscheidungsmöglichkeiten am Regal in der Vergangenheit schwierig gestaltete, werden heute vermehrt elektronische Preisschilder eingesetzt, sodass auch im stationären Einzelhandel Dynamic Pricing zunehmend möglich wird.

Abhängig von der Datenverfügbarkeit und -qualität können verschiedene Faktoren für die Preisgestaltung berücksichtigt und durch Algorithmen verknüpft werden. Anbieter können beispielsweise die aktuelle Nachfrage, Wettbewerbspreise oder Kundenmerkmale in ihre Preissetzung einbeziehen. Dabei sollten die übergeordneten Unternehmensstrategien und -ziele, einschließlich Positionierungskonzepte und Preisstrategien, berücksichtigt werden.5

Dynamic Pricing Framework

Checkliste: Ist Dynamic Pricing bei Ihnen grundsätzlich möglich?

  • Weisen Ihre Kunden differentielle Zahlungsbereitschaften auf (im Zeitverlauf/zwischen Kunden)
  • Verfügen Sie über ausreichende interne und externe Daten?
  • Liegen die Daten in hoher Qualität vor?
  • Kann Ihr Unternehmen genügend Ressourcen und IT-Kompetenzen zur Datenverarbeitung und -verknüpfung bereitstellen?
  • Verfügen Sie über die erforderliche technische Infrastruktur für die Umsetzung dynamischer Preisanpassungen?

Akzeptanz von Dynamic Pricing: Was Kunden wirklich denken

Der potenzielle negative Einfluss von dynamischem Pricing auf Kunden wird häufig diskutiert. Kunden könnten sich unsicher fühlen und das Vertrauen in den Anbieter verlieren. Gemäß unserer eigenen Studie und der Ergebnisse einer Studie aus 2022 ist die Akzeptanz von Dynamic Pricing allerdings von zahlreichen Faktoren abhängig, sodass hier nicht pauschalisiert werden sollte.6

Grundsätzlich zeigen die Ergebnisse, dass bei einem Vergleich einer dynamischen und statischen Preisgestaltung der Einsatz eines zeitbasierten Dynamic Pricings einen negativen Einfluss auf die Preiswahrnehmung der Konsumenten hat. Es konnte demnach bestätigt werden, dass die Konsumenten eine geringere Fairnesswahrnehmung und ein geringeres Vertrauen in den Anbieter zeigen, wenn sie mit zeitbasierten dynamischen statt statischen Preisen konfrontiert werden. Damit bestätigt die Studie die Ergebnisse vergangener Untersuchungen. Allerdings zeigen die Ergebnisse ebenfalls, dass die empfundene Preisfairness von weiteren Aspekten der Gestaltung des Dynamic Pricings abhängt:

Produktarten

Zunächst muss zwischen Produkten und deren üblicherweise verwendeten Preisgestaltungsart unterschieden werden. Handelt es sich um Produkte, die in der Praxis bereits üblicherweise dynamischen Preisen unterliegen, sind Kunden bereits an diese Art der Preisgestaltung gewöhnt und der negative Effekt der dynamischen Preisanpassung ist stark abgeschwächt – es tritt also ein Gewöhnungseffekt ein. Ein gutes Beispiel sind hier Flugpreise – kaum ein Kunde würde sich hier heute noch ernsthaft beschweren, dass diese dynamisch sind. Dass ein Gewöhnungseffekt eintritt, zeigt auch die Deutsche Bahn. Hier waren dynamische Preise lange Zeit undenkbar und sind heute ebenfalls etabliert.

Preisänderungsrichtung und Preisschwankungshöhe

Weitere Aspekte sind die Preisänderungsrichtung sowie die Preisschwankungshöhe. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Konsumenten eine neutrale Preisposition, d. h. eine Situation, in der sie zu einem Preis kaufen, der im Durchschnitt der dynamischen Preisbewegungen liegt, fairer beurteilen als eine benachteiligte oder bevorteilte Preisposition, obwohl ihnen durch die letztere Position sogar ökonomische Vorteile entstehen würden. Des Weiteren demonstrieren die Ergebnisse, dass die Fairnesswahrnehmung des zeitbasierten Dynamic Pricing ebenfalls durch die Höhe der dynamischen Preisschwankungen beeinflusst wird. Bei hohen Preisschwankungen, z.B. 20 %,  nehmen die Konsumenten eine niedrigere Fairness wahr als bei 2 %. Für den Kontext des zeitbasierten Dynamic Pricings bedeutet dies, dass Anbieter ihre Preise bis zu einer gewissen Preisänderungshöhe innerhalb der akzeptierten Preisspannweite dynamisch variieren können, ohne ihre Konsumenten zu verstimmen.

Transparenz

Ebenfalls wurde die Auswirkungen der Transparenz über den dynamischen Pricing Ansatz untersucht. Die Studienergebnisse zeigen, dass Konsumenten die dynamische Preisgestaltung eines Anbieters als fairer empfinden, wenn sie vor ihrem Kauf durch den Anbieter über den Einsatz einer dynamischen Preisgestaltung informiert werden. Damit können negative Konsequenzen, die aus dem nachträglichen Entdecken dynamischer Preisänderungen resultieren, deutlich abgemildert werden.

Preisindividualisierungsgrad

Bei personenbasierten Dynamic Pricing zeigen die Studienergebnisse, dass der Preisindividualisierungsgrad die Preiswahrnehmung von Kunden beeinflusst. Gemäß der Studienergebnisse empfinden Kunden Individualpreise weniger fair als Preise, die für ein gesamtes Kundensegment und damit für eine größere Kundengruppe gelten. Des Weiteren zeigen Konsumenten eine höhere Fairnesswahrnehmung, wenn der personalisierte Preis auf einer auf der Kaufhäufigkeit basierenden Preisgestaltung statt auf einer auf dem Standort basierenden Preisgestaltung resultiert. Dies bestätigt bestehende Befunde, die auf eine positivere Wahrnehmung von Preisgestaltungsformen hinweisen, die loyale Kunden bevorteilen. Außerdem zeigen die Ergebnisse der Studie, dass die Datenschutzbedenken von Kunden Einfluss haben. Haben Kunden demnach hohe Datenschutzbedenken, empfinden sie Individualpreise als stärker negativ, als wenn sie dahingehend keine Sorgen haben.

Kernpunkte für die Praxis

Zeitbasiertes Dynamic Pricing Personenbasiertes Dynamic Pricing
  • Dynamic Pricing wird von Kunden im Vergleich grundsätzlich kritisch betrachtet – Unternehmen sollten daher mit Bedacht bei der Ausgestaltung des Ansatzes vorgehen
  • Die Preisschwankungshöhen müssen definiert werden und die Toleranzgrenzen der Kunden bekannt sein – diese können zwischen Kunden, Marken oder Kaufanlässen variieren
  • Durch die transparente Kommunikation des Einsatzes von dynamischen Preisen können negative Konsequenzen, die aus dem nachträglichen Entdecken dynamischer Preisänderungen resultieren, abgemildert werden
  • Die Ausgestaltungsweise der Preisstrategie hat einen wesentlichen Einfluss auf die Konsumentenwahrnehmung
  • Auch wenn hinreichend differenzierende Konsumentendaten verfügbar sind, sollte berücksichtigt werden, dass hoch individualisierte Preise von Kunden wenig akzeptiert werden
  • Datenschutzbedenken haben einen großen Einfluss auf die Preiswahrnehmung – Unternehmen sollten Kunden deutlich zeigen, dass sie vertrauensvoll mit ihren Daten umgehen (bspw. durch verständliche Datenschutzerklärungen oder Zertifizierungen)

Fazit

Dynamic Pricing wird uns in Zukunft immer öfter begegnen, denn durch technologischen Fortschritt bietet sich immer mehr Unternehmen die Möglichkeit, dynamische und personalisierte Preise einzusetzen.  Sind alle Voraussetzungen für den Einsatz von Dynamic Pricing erfüllt, können die genannten Maßnahmen bei einer erfolgreichen Einführung helfen und dazu beitragen, die Kundenakzeptanz sowie den Unternehmenserfolg zu steigern.

 

Quellen:

1 Rogator (2021): Für wie sinnvoll halten Sie Dynamic Pricing für Ihr eigenes Unternehmen?, Statista.

2 Rogator (2021): Halten Sie die folgenden Faktoren für wichtig bei der Einführung von Dynamic Pricing im stationären Handel?, Statista.

3 camelcamelcamel (2023): Amazon Price History: Apple AirPods Pro (2. Generation).

4 camelcamelcamel (2023): Amazon Price History: Kindle Paperwhite (16 GB).

5 Roll, O., & Loh, P. (2019): Dynamic Pricing in der Kundenwahrnehmung. Marketing Review St. Gallen, 5, 32-39.

6 Priester, A. (2022): Dynamic Pricing aus Konsumentensicht: Theoretische Analyse und empirische Untersuchung von Einflussfaktoren und Konsequenzen. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

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Oliver Roll von Roll & Pastuch
Autor

Prof. Dr. Oliver Roll

Managing Partner
R&P-Mitarbeiter Patrick Loh
Autor

Patrick Loh

Senior Project Manager
Carolin Rothmund
Autorin

Carolin Rothmund

Senior Consultant

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