Seit Jahrhunderten werden Kunstwerke per Auktion versteigert. In der Luftfahrt hingegen sind Auktionen ein vergleichsweise neues Konzept. Prof. Roll und Pastuch erklärt, wie Airlines geschickt mithilfe von Auktionen ihre Gewinne maximieren und die Kundenbindung intensivieren. Außerdem wird eingeschätzt, inwiefern ein solcher Mechanismus auch in anderen Branchen gewinnbringend eingesetzt werden kann.
Flexibel und gezielt auf Kundenwünsche einzugehen, wird in Zeiten von harten Preiskämpfen auf den Rollfeldern rund um den Erdball immer wichtiger. Aus diesem Grund bieten Airlines Passagieren, je nach Verfügbarkeit, Upgrades für höhere Kabinenklassen an. Einige Fluggesellschaften, darunter auch Big Player wie Lufthansa und Etihad Airways, haben in den letzten Jahren neben den traditionellen Upgrades zu Festpreisen auch die Möglichkeit eingeführt, Upgrades über Auktionen zu ersteigern. Upgrades, die im Zuge einer Auktion erworben werden, sind in der Regel günstiger als Festpreis-Upgrades, jedoch ist die Annahme der Gebote ungewiss.
Ein konkretes Beispiel dafür ist die Lufthansa, bei der Kunden bis zu 60 Stunden vor Abflug ein Gebot für ein Upgrade in eine höhere Kabinenklasse abgeben können. Dabei darf das Gebot eine Mindesthöhe nicht unterschreiten, die je nach Art des Flugs (Kurz-, Mittel- oder Langstrecke) und des Upgrades (von Economy zu Business bzw. First Class oder von Business zu First Class) dynamisch variiert. Die Auktionen folgen dem Prinzip einer englischen Auktion, bei der die Höchstbietenden Kunden den Zuschlag erhalten und die von ihnen gebotene Summe zahlen. Ein Angebot seitens der Airline wird den Kunden bis 24 Stunden vor Abflug mitgeteilt.
(Bildquelle: Reisetopia)
Es stellt sich die Frage, warum Fluggesellschaften ihren Passagieren Upgrades über Auktionen anbieten. Steht dabei wirklich nur die Kundenzufriedenheit im Vordergrund? Mitnichten. Bei genauerer Betrachtung lassen sich auch wirtschaftliche Absichten erkennen.
Nach der Vergabe von Sitzplätzen an Kunden, die Festpreis-Upgrades gebucht haben, können Fluggesellschaften die noch verbleibenden Kapazitäten an die Auktionsteilnehmer verteilen. Die Airlines entscheiden sich in diesem Zuge für die Annahme der höchsten Gebote. Die Mehreinnahmen durch akzeptierte Gebote zeigen, dass durch Auktionen die Zahlungsbereitschaften der Kunden besser abgeschöpft werden können und die Airlines so ihre Gewinne geschickt maximieren.
Auf der anderen Seite erhalten Kunden die Möglichkeit, zu einem vergleichsweise geringen Preis ein Upgrade zu erhalten. Es ist anzunehmen, dass insbesondere Kunden angesprochen werden, deren Zahlungsbereitschaft in der Regel nicht für die höheren Kabinenklassen ausreicht. Andernfalls würden sie direkt ein Standardticket für eine höhere Kabinenklasse oder ein Festpreis-Upgrade buchen. Durch die Annahme eines Gebots für einen Sitzplatz in einer hochwertigeren Kategorie steigt natürlich auch die Kundenzufriedenheit, was die Bindung zwischen Airline und Kunde verstärkt. Zudem führen Fluggesellschaften Kunden so an neue Preissegmente heran und bewegen sie möglicherweise zu einem dauerhaften Wechsel in höhere Kabinenklassen.
Die Einführung von Auktions-Upgrades in der Luftfahrt erweist sich daher als Win-Win-Situation für Kunden und Airlines.
Anfang 2023 gab Lufthansa bekannt, dass der Konzern das Echtzeit-Bieten auf Upgrades vor dem Einstieg in das Flugzeug testen möchte. Jens Ritter, CEO des Luftfahrtunternehmens, möchte Passagieren ein Bieterverfahren ermöglichen, wie „viele Menschen das von Ebay bereits gewohnt sind“.
Es bleibt abzuwarten, ob Auktionen am Gate in Zukunft Realität werden. Jedoch könnte die Umsetzung der Airline helfen, freie Kapazitäten in höheren Kabinenklassen genauer zu erfassen und besser auf mögliche Abwesenheiten oder kurzfristige Stornierungen von Passagieren reagieren zu können. Mit diesem Ansatz könnte Lufthansa ihre Gewinne weiter maximieren und die Kundenbindung verbessern.
Wenn man über den Tellerrand der Fluggesellschaften hinausblickt, gibt es auch andere Branchen, die Auktionen gewinnbringend einsetzen könnten, vorausgesetzt ähnliche Rahmenbedingungen wie in der Luftfahrtbranche sind gegeben.
Eine Einführung von Auktionen ist hauptsächlich für Güter sinnvoll, bei denen der Zugang natürlich begrenzt ist (z.B. durch Kapazitäten) und verschiedene Qualitätsstufen existieren. So könnte beispielsweise ein Auktionsmechanismus im Hotelgewerbe oder bei exklusiven Premieren in der Unterhaltungsindustrie (z.B. bei Kino- oder Theatervorstellungen) sinnvoll sein, um Zahlungsbereitschaften gezielter abzuschöpfen und Erträge zu maximieren.
Die Einführung eines Auktionsmechanismus ist zwar risikobehaftet, da die Akzeptanz der Kunden im Vorhinein ungewiss ist, jedoch können bei gezielter Umsetzung Gewinne maximiert werden, ähnlich wie es die Luftfahrtindustrie vorlebt.
Quellen:
Aero Telegraph (2023): Lufthansa will Upgrades am Gate versteigern
Lufthansa (2024): Bieten Sie für Ihr Upgrade
Reisetopia (2024): Lufthansa Upgrades – Wie funktionieren sie?
Welt (2023): 3, 2, 1 – und Sie sitzen in der Businessclass
