Um eine konsistente und marktorientierte Preisfindung über das gesamte Produkt- und Kundenportfolio sicherzustellen, ist ein gemeinsamer Rahmen für das Pricing notwendig. Über eine Kombination aus Normstrategie und Einkaufsstrategie des Kunden lassen sich verbindliche Vorgaben für die Preisfindung ableiten. Wie Sie hier systematisch und ergebnisorientiert vorgehen können, erfahren Sie im dritten Teil unserer Reihe „Best of Roll & Pastuch“.
Ausgangslage Zielpreissystem
Hochspezialisierte Anwendungsingenieure unseres Kunden XCHEM haben über die Jahre Produkte speziell auf Kundenbedürfnisse hin entwickelt und über die Zeit weiter ausgefeilt. Genauso individuell wie die Lösungen war auch das Pricing gegenüber den Kunden. Innovationen und Alleinstellungsmerkmale haben so in der Vergangenheit in vielen Fällen zu sehr attraktiven Deckungsbeiträgen geführt.
Auslaufende Patente und in der Breite nicht immer ganz glückliche Preisentscheidungen bei Folgeverkäufen von Innovationen an Dritte führen jedoch in jüngerer Zeit zunehmend zu sinkenden Margen. Erste Analysen hinsichtlich Produkt- und Kundenprofitabilität zeigen dabei eklatante und nicht begründbare Preisunterschiede zwischen den Kunden auf.
Eine in jüngster Zeit steigende Konsolidierungswelle führt zu stetig wachsendem Druck auf die Preise. Einkäufer fordern gruppenweit harmonisierte Konditionen und nutzen das verbesserte Preiswissen durch den Zusammenschluss mit ehemaligen Wettbewerbern.
Das bisher wenig strukturierte Pricing offenbart eklatante Schwächen insbesondere bei der systematischen Differenzierung von Produkten und Kunden.
Grafik 1: Keine Korrelation zwischen Kundenumsatz und Preisniveau.
Weder existieren Ansätze zur wertbasierten Ableitung von Listen- oder Referenzpreisen, noch gibt es Vorgaben zur kundenspezifischen Preis- und Rabattgestaltung. Im Ergebnis lässt sich kaum ein Zusammenhang zwischen Kundenleistung und Preisniveau erkennen.
Projektvorgehen Strategisches Zielpreissystem
Gemeinsames Ziel der Projektgruppe ist eine stärkere Harmonisierung des Pricings insgesamt, bei gleichzeitiger Differenzierung nach strategischen Gesichtspunkten. Dies soll die Angriffsfläche gegenüber den Einkäufern reduzieren, zugleich aber weiterhin Wachstum einerseits, wie auch Gewinnoptimierung andererseits ermöglichen.
Die in den Ausgaben 1 und 2 von „Best of Roll & Pastuch“ eingeführte Kundensegmentierung, bzw. die daraus abgeleiteten Normstrategien, werden auch für das Pricing eine wichtige Grundlage bilden. Wir hatten hier insgesamt vier Normstrategien definiert, die sich mit Blick auf die geplanten Preisniveaus in eine klare Rangfolge bringen lassen.
Grafik 2: Steigende Preise von Invest zu Opportunistic Kunden.
Für die Operationalisierung des Pricings ist zudem das generelle Einkaufsverhalten des Kunden zu berücksichtigen. Abhängig von der Einkaufsstrategie des Kunden und seinem Fokus auf Preis bzw. Produktmehrwerte, sollte auch XCHEM das Pricing systematisch differenzieren. Dies erfolgt durch die Erweiterung der Normstrategien um eine Sicht auf die Einkaufsstrategie mit insgesamt 3 Ausprägungen, welche ebenfalls in eine preisliche Reihenfolge gebracht werden können.
Fokus Qualität
Kunden mit Fokus auf Qualität sind im Zweifel bereit, etwas mehr Geld auszugeben, wenn sie im Gegenzug eine bessere Qualität erhalten oder das Risiko für Qualitätsprobleme verringern können. Auch für sonstige Mehrwerte besteht im Allgemeinen eine Mehrzahlungsbereitschaft.
Fokus Preisleistung
Preisleistungskäufer wägen sehr gründlich zwischen etwaigen Vorteilen eines Produktes und dem damit verbundenen Mehrpreis ab. Erscheint der Mehrwert nicht ausreichend, so wird das billigere Produkt erworben. Pricing muss entsprechend sensibel gesteuert werden.
Fokus Preis
Preiskäufer kaufen immer billig. Vorteile in der Qualität oder andere Mehrwerte lassen sich nicht monetarisieren. Entsprechend niedrig muss der Preis sein, um den Zuschlag zu erhalten.
Gerade die Kategorie der Preiskäufer ist strategisch noch einmal separat zu betrachten. Es stellt sich die Frage, ob man diese Klientel überhaupt bedienen kann, bzw. ob man dies auch möchte. So kann es abhängig von der eigenen Positionierung langfristig sinnvoll sein, in vielen Fällen keinen Abschluss anzustreben.
Im Fall von XCHEM gibt es einen Teil des Produktportfolios der weitgehend Commodity ist und hinsichtlich Positionierung und Herstellkosten grundsätzlich auch für Preiskäufer geeignet. Vor diesem Hintergrund wurde entschieden, dass das preisgetriebene Kundensegment auch bedient werden soll, aber mit der Einschränkung, die besseren Preise nur im Commodity Segment zu gewähren. Im Gegenzug werden Service und Betreuung auf ein Minimum reduziert, um die Kundenprofitabilität auch hier abzusichern.
Für die Preisstrategie ergibt sich somit eine neue Matrix unter Einbeziehung von Normstrategie XCHEM und Einkaufsstrategie des Kunden.
Grafik 3: Differenziertes Pricing nach Normstrategie XCHEM und Treiber des Einkaufs.
Die strategische Ausrichtung des Pricings von XCHEM ist fester Bestandteil des verbindlichen (Ziel-)Preiswasserfalls, sodass für alle Kunden-Produkt-Kombinationen marktgerechte Zielpreise abgeleitet werden können. Neben der geschilderten grundsätzlichen strategischen Ausrichtung finden sich in der finalen Umsetzung des Preismodells auch Staffelrabatte für große Volumina und Kompensationsrabatte für besondere Zahlungsziele wieder. Auch werden weitere Aspekte wie Incoterms berücksichtigt.
Dem Vorgehen beim Aufbau eines solchen operativen Zielpreissystems widmen wir uns im Rahmen einer eigenständigen Reihe bei „Best of Roll & Pastuch“ zu Zielpreis- und Konditionensystemen.
Fazit & Lessons learned
Ist der Vertrieb sehr stark auf einzelne Kunden fokussiert, so wird ein gemeinsamer Rahmen für das Pricing benötigt, um problematische Preisentscheidungen zu verhindern. Die Gefahr ausufernder Inkonsistenzen ist ansonsten zu hoch. Über die Kombination aus Normstrategie und Einkaufsstrategie des Kunden lässt sich eine verbindliche Vorgabe für die Preisfindung im Einzelfall ableiten. Der Spielraum ist dabei so zu definieren, dass ausreichende Flexibilität in der Verhandlung gewährleistet wird. Zugleich verhindern die Preisuntergrenzen gefährliche Inkonsistenzen zwischen den Kunden.
Eine operative Umsetzung über einen vollständigen (Ziel-)Preiswasserfall erleichtert die Implementierung und tritt Bestrebungen zur Umgehung der neuen Richtlinien entgegen. Die vollständige Preislogik kann nachhaltig in CPQ Modulen gängiger CRM Systeme integriert werden. Diesem Thema widmet sich eine zukünftige Reihe von „Best of Roll & Pastuch“ dann auch im Detail.
Wie wir über neue Pricing Methoden im nächsten Schritt auch Value-Pricing auf Produktebene bei XCHEM etabliert haben, erfahren Sie in der vierten Ausgabe zum Thema von „Best of Roll & Pastuch“.